Ort der Handlung:
Venedig
Belmont, dem Landsitz der Porzia
Uraufführung 1594
Deutsche Uraufführung: 1607 in Passau (durchsetzt mit Teilen aus Marlows "Juden von Malta")
In diesem Lustspiel findet sich eine Zeichnung zweier Charaktere, wie sie gleich farbig dem Dichter in keinem anderen Lustspiel gelungen ist:
Shylock bietet ein Charakterbild mit Feinheiten du Farben von unerreichtem Realismus,
Porzia vereinigt die hohen Geistesgaben der Frauengestalten der Hochrenaissance mit schöner Harmonie der Empfindungen
Als Quellen für die Stoffwahl haben zwei uralte Erzählungen, die aus dem Orient stammen, gedient. Die Verknüpfung der beiden Haupthandlungen um die übernommenen Stoffe ist so meisterhaft, daß es schwer wird, die Handlungslinien gegeneinander abzugrenzen. Zwei Nebenhandlungen (die Entführungsgeschichte der Jessica und die Geschichte von den verschenkten Ringen) gehen ebenfalls auf ältere italienische Quellen zurück.
Vorbild: Marlowes "Jude von Malta"
Anreiz: ein zeitgenössischer Prozeß um den jüdischen Leibarzt der Königin Elisabeth, der wegen angeblicher Mordabsichten hingerichtet worden war
Hauptpersonen: Der Doge von Venedig
Antonio, der Kaufmann von Venedig
Bassanio, sein Vetter
Lorenzo, Liebhaber der Jessica
Shylock, der Jude
Jessica, Shyloks Tochter
Porzia, eine reiche Erbin
Nerissa; ihre Begleiterin
Grazanio, Begleiter Bassanios
Inhalt: Der besitzgierige Jude Shylock leiht dem Kaufmann Antonio , der es für die Hochzeit seines Freundes Bassanio zur Verfügung stellen will, Geld ohne Zinsen. Nur zum Spaß, weil eben ein Vertrag sein muß, besteht der Jude darauf, daß er aus des Kaufmanns Körper ein Pfund Fleisch schneiden dürfe, wenn dieser den Vertrag nicht einhält.
Die reiche Porzia wird von vielen Freiern umworben; aber es nicht leicht für diese Gnade vor ihren Augen zu finden. Der kluge Vater hat als Vermöchtnis hinterlassen, daß nur der seine Tochter heiraten dürfe, der aus drei verschlossenen Kästchen das herausfindet, das Porzias Bild enthält. Ein Kästchen ist von Gold, das andere aus Silber und das Dritte aus Blei. Lorenzo ist derjenige, der das richtige Kästchen auswählt. Die Hochzeit soll sofort stattfinden, wobei auch die Diener der beiden, Graziano und Nerissa, heiraten.
Auch Lorenzo ist bei dieser Hochzeit anwesend, da er aus Venedig fliehen mußte weil er die Tochter des Juden, Jessica, mit deren Einverständnis entführt hat um sie zu heiraten. Worüber ihr Vater nicht sehr erfreut ist, schließlich hat sie sehr viel Wertvolles mitgenommen.
Als Antonio tatsächlich nicht zahlen kann, da sämtliche seiner Handelsschiffe angeblich verunglückt sind, offenbart sich Shylocks Rachsucht: Er fordert sein Recht vor Gericht und besteht auf seinem Schein.
Bassanio und Graziano reisen zu Antonio um ihm beizustehen, doch bevor sie die Reise antreten, müssen sie schwören, daß sie die Ringe, die ihnen von ihrem Frauen als Liebespfand gegeben worden sind, nicht weitergeben werden.
Porzia, als Richter verkleidet, naht, da Antonio Bassanio, ihrem Verlobten das Geld geborgt hat. Als sich Shylock weigert den doppelten Geldbetrag, den Bassanio von Porzia bekommen hat, anzunehmen, meint Porzia er habe durchaus das Recht auf das Pfund Fleisch, doch dürfe er kein Blut vergießen, denn darauf hätte er keinen Anspruch.
Falls trotzdem ein Tropfen Blut vergossen werden würde, falle Shylocks gesamtes Hab und Gut der Stadt Venedig zu. Jetzt will er mit dem Geld zufrieden sein. Aber Porzia erklärt, daß Shylock nur Anrecht auf das Fleisch habe. Das kann er sich jedoch nicht nehmen, ohne Blut zu vergießen. also muß er ganz verzichten.
Wütend will Shylock fort. Da stellt Porzia fest, daß er dem Leben eines venezianischen Bürgers nachgestellt hat. Nach dem Gesetz fällt daher die Hälfte seines Gutes dem zu, dem er nachgestellt hat; die andere Hälfte fällt dem Staat anheim. Dazu ist Shylocks Leben verwirkt.
Shylock wird von dem Dogen begnadigt, damit er sieht, daß ein anderer, milderer Geist die Menschen lenken muß. Shylock will aber sein Leben nicht, wenn er sein Vermögen hergeben soll. Da bittet Antonio für ihn. Der Doge soll dem Juden die Hälfte der Buße erlassen. Die andere Hälfte will Antonio für Lorenzo und Jessica verwalten. Außerdem soll Shylock Christ werden. Der geängstigte Jude verspricht alles.
Antonio und Bassanio wollen den klugen Richter reich belohnen, aber Porzia verlangt für ihren Richterspruch nichts, als den Ring, den sie Bassanio bei seiner Abreise als Liebespfand hinterlassen hat. Schweren Herzens trennt sich Bassanio von dem Ring. Auch Nerissa weiß mit List ihren Ring von Graziano zurückzuerbetteln. Schnell reisen die beiden vermeintlichen Rechtsgelehrten ab.
In Belmonte sind Lorenzo und Jessica zurückgeblieben. (Die Liebesszene, die den Akt einleitet gehört zu den schönsten Liebesszenen der Weltliteratur.) Porzia und Nerissa treffen ein; Bassanio, Antonio und Graziano folgen ihnen auf den Fuße. Die Frauen treiben mit ihren Männern ihr listiges Spiel, der leichtfertig vergebenen Ringe wegen. Aber alles löst sich in Wohlgefallen und Freude auf.
Das die menschenfeindliche Rolle hier einem Juden zufällt, darf nicht dazu führen, Rassentheorien in das Stück hineinzuinterpretieren. Im Elisabethanischen Zeitalter gab es in England kaum Juden, und außerdem wird die Tochter Shylocks an einen Christen vermählt.